pro Kategorie vergeben. So konnten die Einsendungen eine Maximalanzahl von 450 Punkten erreichen. Zu bewerten gab es folgende Kriterien:
Es war wirklich ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen! Doch eine Einsendung konnte sich beweisen und hat eine Gesamtpunktzahl von
erreicht.
Wir gratulieren Declan Addams ganz herzlich zu seinem gewonnen Status! Er ist nun stolzer Träger des Status
, sich bei Neptune Grimes zu melden, wenn sie gerne Feedback zu ihrer Einsendung hätten. Und Kopf hoch, auch wenn es diesmal nicht geklappt hat - uns stehen noch so einige tolle Wettbewerbe bevor!
Natürlich wollen wir euch den Gewinnertext auch nicht vorenthalten, also dürft ihr euch diesen hier nun durchlesen!
✧ Gewinnertext
Das tiefschwarze Wasser rauschte zu seinen Füßen, riss an dem Felsen und schwappte über den dunklen Stein. Es war wild, ungezähmt, tosend und doch lag so viel Ruhe in seiner Schwärze, die den Fluss bodenlos erscheinen ließ. Bodenlos und so mächtig. Das Wasser des Acheron mischte sich hier, genau an dieser Stelle, mit dem Wasser des Kokytos und zog ihn wie ein Strom mit in seine düstere Tiefe. Er müsste nur einen Schritt tun. Einen Schritt weiter über denn scharfkantigen Felsen und er würde mit ihm gerissen werden.
Seine Füße schmerzten, die Hände von kleinen feinen Schnitten gesäumt, die Kehle ausgetrocknet. Er war so schrecklich müde. Wie lange Felix bereits durch die Unterwelt wanderte, wusste er nicht. Orientierungslos und doch wissend. Weder die Flüsse, noch die Orte, waren ihm fremd, kannte er doch die Geschichten, denn im Gegensatz zu seinem göttlichen Vater, dem Götterboten Hermes, hatte er die Unterwelt nie betreten. Jahrelang hatte Felix es für sinnlos gehalten die Fakten auswendig zu lernen. Hatte nicht verstanden, dass sie ihm das Leben retten konnten. Der Fluss aus Feuer hieß Phlegethon. Er hielt das Böse am Leben, während die heißen Flammen am Ufer leckten. Felix hatte einmal gelesen, dass man das Wasser trinken konnte, es sollte sogar heilsam sein. Doch er hatte den Mut nicht aufgebracht, sich an sein Ufer zu setzen und herunterzubeugen, die Finger auszustrecken und sie in die Flammen zu halten. Ebenso wenig hatte er den Mut aufgebracht, aus dem Lethe zu trinken. Durch Durst getrieben, hatte das klare Wasser verführerisch gewirkt und auch die Vorstellung alles zu vergessen, was ihn hier hergebracht hatte… Oh er hätte davon trinken sollen. Dann würde er nicht hier stehen. Nicht hier am Ufer des Flusses, den man nur mit Charon’s Hilfe überqueren konnte. Der Acheron. Sein Blick schwang zu den roten Rauchschwaden, die wie Wolken verdampften Bluts über dem Kokytos hingen. Es roch nach Schwefel und doch explodierte der Geschmack von Eisen auf seiner Zunge, während der Halbgott erneut den Kiefer anspannte und sich in seiner Wange verbiss. Vielleicht sollte er eine Drachme als Ehrerbietung in den Fluss werfen. Doch was sollte es bringen… Er würde es nicht wert sein. Genauso wenig, wie er Styx hatte zeigen können, wie ernst er sein Versprechen nahm. Er war es nicht wert. Einfach nicht wert.
Die dunklen Gedanken bahnten sich ihren Weg in seinen Geist, während das Wehklagen der Stimmen aus den Flüssen, einen regelrechten Gesang bildeten. Er müsste nur einen Schritt gehen und würde nicht mehr daran denken müssen, wie er es ihr geschworen hatte.
“Ich schwöre es beim Styx, ich werde dich immer lieben.”
Sofort katapultierte ihn die Erinnerung zurück in den Moment, in dem seine Finger sich um ihre roten Locken schlangen und sein Blick voller Liebe auf ihren rehbraunen Augen lagen. Sie roch nach Magnolien und Erdbeeren. Ihre Augen wurden bei seinen Worten groß und glasig. Sie füllten sich mit Tränen. Im Nachhinein konnte er nicht mehr sagen, ob es Freudentränen waren oder sie ihren Kopf an seinem Hals vergrub, weil sie wusste, dass das zwischen ihnen enden würde. Dass sie beide nicht für die Ewigkeit bestimmt waren.
Und sie hatte recht gehabt.
Langsam hob Felix den Fuß an, drohte tatsächlich den letzten Schritt zu tun, als ein Wimmern aus all dem Wehklagen herausstach und seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es klang anders, viel näher. Er runzelte die Stirn und konnte dem Drang nicht widerstehen, sich umzudrehen, von dem Wasser abzuwenden. Noch immer waren die verurteilenden Stimmen in seinem Geist zu hören, doch sie waren unmerklich leiser geworden. “Ich kann nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr”, murmelte eine verzweifelte Stimme vor sich hin, deren Ursprung zunächst unergründlich schien und ihn so dazu brachte, von dem Ufer des Flusses zurückzutreten. Seine Augen wanderten über die Umgebung, blieben an Felsbrocken hängen, bis sie eine zusammengekauerte Gestalt in einem schwarzen fließenden Umhang entdeckten. Es dauerte einen Moment, bis er das bleiche Haar und die krummen Finger unter dem Stoff entdeckte. Eine alte Frau. Die Überraschung über diese verlorene Seele drängte die Stimmen weiter in den Hintergrund. Sie musste irgendwie Cerberus entkommen sein und war wohl wie Felix selbst orientierungslos durch die Unterwelt gestreift. Auch ihre Kleidung hatte Risse, schlimmere als die des Halbgottes sie aufwiesen. Intuitiv machte er einen weiteren Schritt in ihre Richtung, wodurch der Kies unter seinen leidgeprüften Stiefeln knirschte. Erschrocken von dem Geräusch, fuhr die Gestalt am Boden zusammen und drehte sich blitzschnell zu ihm herum. Ja, er hatte recht gehabt. Die Angst stand in ihren Augen, was Felix dazu brachte, beruhigend die Arme zu heben. „Ich tue dir nichts!“, sagte er in einem beruhigenden Ton. Wie sollte er auch? Der schwache Schein der Lampe in seiner Hand war das einzige, was sich von seiner Seite aus drohend über sie werfen konnte. Doch ihre Augen weiteten sich noch mehr und es dauerte, ehe der Halbgott begriff… „Du lebst. Wieso bist du hier?“ Ihre Stimme war gebrochen, doch sanft wie ein Windhauch, während sie die alten knochigen Finger flehend nach ihm ausstreckte, als würde sie sich nach dem Leben sehnen, welches noch durch seine Adern floss.
Felix konnte dem Drang nicht widerstehen, auf die alte Frau am Boden zuzugehen. Er streckte ihr seine Hände entgegen und spürte ihre papierdünne Haut auf seiner eigenen. Sie wirkte so verloren und zerbrechlich, er hatte Angst, ihr allein durch die Berührung Schmerzen zuzufügen. Doch allein die Tatsache, dass er sie hier in der Unterwelt traf, machte ihm wieder bewusst, dass sie bereits tot war.
„Ich habe mein Versprechen an Styx gebrochen“, antwortete Felix ehrlich und erwiderte ihren Blick, während sich ihre Finger wie Krallen um seine Unterarme schlossen. „Doch ich weiß nicht, ob ich noch lebe“, fügte er nach einem Moment hinzu und sprach damit eine Wahrheit aus, die ihm Angst bereitete. Sofort wurde ihr Blick von großmütterlicher Zuneigung erfüllt und mit einer Handbewegung, die auf ihr früheres Leben schließen ließ, strich sie ihm zärtlich über die Wange. „Oh, mein Junge. Du lebst nicht nur. Du bist voller Leben.“ Sicherlich hatte sie Enkelkinder gehabt, denen sie ihre Lieblingskekse gebacken, Patchworkdecken genäht und aus alten Büchern vorgelesen hatte. Zumindest hatte seine eigene Großmutter es so mit ihm gemacht, ehe auch sie von dieser Welt hatte scheiden müssen.
„Ich kann dich mit mir nehmen… Zumindest ein Stück des Weges“, bot der junge Mann ihr an, ohne zu wissen, wohin er sie bringen konnte. Wo brachte man Seelen hin, die ihrem Schicksal entkommen wollten? Doch das war für ihn nicht von Belang.
Zuerst wollte sie ablehnen, begann schon fast ihre Finger von seinen Armen zu lösen, doch war es nun an ihm, seine Finger wie Krallen um die ihren zu schließen. Sie ließ sich überreden und erst, als er ihren schwachen Atem an seinem Ohr spürte und ihr Gewicht, wie eine Feder auf seinem Rücken lag, setzte er seinen ursprünglichen Weg fort.
Es vergingen Minuten, die ihm so viel kürzer als zuvor vorkamen, bis er erneut ihre Stimme vernahm: „Was ist unser Ziel?“
„Ich gehe zum Styx“, antwortete er und überging ihre implizierte Frage, ob sie auch diesen Weg mit ihm gehen würde. „Und was willst du dort?“
„Ich will mich…“ Was waren die richtigen Worte für das, was er vorhatte? Er hatte eine Gottheit missachtet, leichtsinnig mit Worten voller Bedeutung um sich geworfen und das hatte ihn schlussendlich an diesen Ort gebracht. „…entschuldigen.“ Ja, es gab kein besseres Wort für das, was er tun würde. Er würde gesenkten Blickes geradewegs in den Styx laufen und der Göttin das Urteil, was danach mit ihm geschehen würde, überlassen. Doch das würde er dem Großmütterchen auf seinem Rücken nicht mitteilen.
Ein krächzendes Lachen schüttelte ihren Körper, der nun mit mehr Gewicht als zuvor auf seine Schultern drückte. „Für was musst du junges Ding dich nun schon entschuldigen?“ Er mied ihren fragenden Blick, während die Worte ungehindert seine Lippen verließen: „Ich habe ein Versprechen an Styx gebrochen.“
Felix wunderte sich über sich selbst, hatte er doch nicht so viel preisgeben wollen und doch wurde der Drang stärker zu sprechen, seine Seele von den Gedanken zu befreien. „Ich habe einer Frau versprochen, dass ich sie immer lieben werde. Doch ich konnte dieses Versprechen nicht halten“, der junge Mann seufzte, doch seine Seele wurde leichter … und die Frau auf seinem Rücken mit jedem weiteren Schritt schwerer. „Ich habe sie geliebt. Ich habe sie wirklich geliebt, doch als ich sie mit ihrem neuen Mann sah, hätte es mich nicht weniger berühren können. Da war einfach nichts. Sie hätte Todunglücklich sein können und ich wäre genauso kalt geblieben. Als würde ich nichts für sie fühlen wollen…” kurz unterbrach er seine Erklärung, während er schluckte bevor er fortfuhr. “...und das nach all der Zeit“, die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus und ließen sich nicht aufhalten. So lange war er davon überzeugt gewesen, dass Cassia seine große Liebe war. Dass er ohne sie an seiner Seite nicht leben, nicht atmen konnte. Er hatte darüber nachgedacht, wie es wäre, mit ihr alt zu werden, sie die Mutter seiner Kinder zu nennen… und dann war da nichts mehr. Er hatte sie gesehen, mit dem strahlenden Lächeln und dem Glitzern in ihren rehbraunen Augen, welches nur für ihn bestimmt gewesen war, wie sie den Fremden ansah und ihre rosafarbenen Lippen auf seine senkte. Doch genau in diesem Moment hätte auch Cassia nur eine Fremde sein können. Eine von hundert tausenden und selbst für diese hätte er wohl mehr Gefühle aufbringen können als für sie in diesem Moment. Genau das hatte ihn in dieses Loch fallen lassen. In dieses Loch, das sich Tartarus nannte. Es war ein leichtsinniges Versprechen voller Inbrunst gegeben.
„Kein Kämpfer bin ich, doch mein Kopf ist stark. Die Unterwelt besuchte ich, für mich war es hart. Meine gefallenen Freunde verweilten dort, doch ich ging wieder hinfort. Wer bin ich?"
Die Stimme der alten Frau war sanft, als sie ihm dieses Rätsel stellte und ihr Blick wissend. Felix wusste nicht, woher diese Frage kam oder was sie dazu brachte, ihm diese Frage zu stellen. Stumm lief er weiter, dachte an all die Kämpfer, von deren Heldentaten er sein ganzes Leben lang gehört hatte und an den einen berühmten Denker. „Odysseus.“
Schlagartig verschwand das Gewicht von seinen Schultern, als wäre die alte Frau in Rauch aufgegangen. Erschrocken sah Felix sich um, als wäre sie ihm nur vom Rücken gerutscht, doch nichts deutete auf ihre bloße Existenz hin, bis ein blendendes Licht vor ihm erschien und der junge Mann seine Augen mit den Händen verdeckte. „Sieh mich an, Felix.“ Sanft wie Honig, als würde ein Engel ihm Befehle geben, ertönte eine Stimme, der er nicht widersprechen konnte. Also sah er auf und stand Auge um Auge dem schönsten Wesen gegenüber, das er je zu Gesicht bekommen hatte. Im einen Moment krönten blonde Wellen ihren Kopf, im nächsten hatte sie kinnlanges braunes Haar und feine elfenartige Züge. Doch ihr Antlitz wurde von Mal zu Mal immer schöner, dass Felix sich sicher sein konnte, dass er der Göttin Aphrodite gegenüber stand. „Odysseus hätte mehr wie du sein sollen. Er hatte alles gehabt und hat seine große Liebe dennoch für seine Abenteuer verlassen. Ein wenig mehr deiner Leidenschaft hätte ihm gut getan. Es ist nichts falsch daran, vergangener Liebe nicht nachzutrauern, doch du solltest sie im Herzen behalten, damit du weißt, wie sich wahre Liebe anfühlt.“ Ihr Blick war sanft, voller Liebe und jetzt, wo die Gestalt der Alten gewichen war, erinnerte nur noch ihre weiche Hand an seiner Wange an diese. „Du solltest nicht hier in der Unterwelt wandeln. Geh hinaus ins Leben und liebe mit vollem Herzen! Gib mir deine Lampe.“
Felix war wie benommen und tat, wie die Göttin ihm befahl.
Aphrodite nahm die Lampe in beide Hände und hauchte sanft einen Kuss auf das schwummrige Glas, während die Flamme wie zur Antwort dahinter einen kurzen Moment rosa auflackerte. „Aber… Wie kann ich..“, fragte der Halbgott und formte nur unvollständige Sätze, die ein zartes Schmunzeln auf den Zügen der Göttin hinterließen. „Lauf. Lauf, bis du die Oberfläche erreichst und sieh dich nicht um. Du wirst frei sein. Frei von deinem Schwur und deiner Bestrafung.“ Erneut strich sie ihm über die Wange und mit einem Mal stand Felix vor einer Wand, die sich rieselnd öffnete und einen Riss freigab, durch welchen er sich gerade so zwängen konnte. Wie die Göttin ihn geheißen hatte, lief er um sein Leben. Lief immer weiter, im rosaroten Licht seiner Lampe, die ihm den Weg wies, bis der Tunnel schlagartig endete und den Götterspross in die Freiheit entließ.
Atemlos schlug Felix auf dem feuchten Boden auf und sah nur noch, wie ein Tautropfen direkt vor seinen Augen von einem Grashalm fiel.
Er war frei.