Gehetzt lief Loelia zwischen den dicken Bäumen durch. Sie wagte es nicht, sich umzudrehen. Kalter Schweiß rann von ihrer Stirn und sie war sich nicht sicher, ob es der Schweiß von der Anstrengung war, oder Angstschweiß.

Ein Grummeln war zu hören und die Zeustochter wagte nicht zu atmen. Als sie sich an einen dicken Baumstamm lehnte, glaubte sie, den Puls des Monsters zu spüren, aber es war nur ihr eigener, der wie wild in ihren Adern pochte. Sie hatte das Gefühl, ihr Herz würde gleich herausspringen und sie versuchte, die Ruhe zu bewahren, was ihr aber überhaupt nicht gelang. Schritte kamen auf die Halbgöttin zu, die das Laub unter den Füßen rascheln ließen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Monster vor ihr stehen würde und sie mit Haut und Haaren fressen würde. Loelia blickte auf ihre Füße. In der Eile hatte sie keine Zeit gehabt, sich Schuhe anzuziehen, aber vor lauter Angst bemerkte sie gar nicht, dass sie sich auf dem unebenen Boden und den Dornen im Wald die Füße verletzt hatte. Nur das halb eingetrocknete Blut deutete darauf hin, dass barfuß gehen im Wald keine gute Idee war.

Ob es eine Harpyie war? Oder ein Mantikor? Sicher war sie sich nicht und da sie auch ihre Waffe in der Hütte vergessen hatte, wollte sie es lieber nicht herausfinden. Eines war jedoch sicher, das Wesen kam mit langsamen Schritten immer näher auf sie zu. Wieder bemerkte sie, dass ihr Puls noch einmal um ein Vielfaches schneller wurde und sie den Eindruck hatte, ihre Atmung nicht mehr kontrollieren zu können, als das Rascheln im Laub lauter wurde. Als es dann verstummte, hörte Loelia nur mehr ihre eigene Atmung, die viel zu laut war und das Monster bestimmt anlocken würde. Ein Kratzen war auf dem Baumstamm zu hören und es waren nicht ihre Finger, die sich in die grobe Rinde des alten Eichenbaumes hineinbohrten. Das war eindeutig nicht menschlich, dieses Kratzen und Loelia kam es so vor, als wäre die Ursache des Kratzens rechts neben ihrem Ohr. Langsam drehte sie ihren Kopf nach rechts und da sah sie es, Krallen, die länger als ihre Finger waren und mit trockener Erde und Blut verklebt waren. Ein beißender Geruch von Verwestem strömten diese Krallen aus, die immer noch auf der Rinde kratzten, als wollten sie Loelia etwas sagen. Sagen, dass sie nur hier waren, um sie zu holen.

Die Dunkelheit im Wald war fast schon unnatürlich, denn nur das schwache Licht des abnehmenden Mondes fiel auf die Bäume um sie und ließ die Krallen dunkel aussen. Doch dieses Wesen hatte scheinbar keine Schwierigkeiten, das Mädchen in der Dunkelheit auszumachen, denn die Krallen kamen immer näher und berührten schon ihre Schulter. Loelia machte eine schnelle Bewegung nach links, aber die Krallen hefteten sie am Baumstamm fest, sodass sie sich nicht mehr rühren konnte. Panik machte sich in Loelias Kopf breit und sie stieß einen tonlosen Schrei aus, der jedoch nicht hörbar war, weil die Halbgöttin vor lauter Schock keinen Ton herausbrachte. Jetzt war es vorbei, das Monster würde sie bei lebendigem Leib zerfetzen. Warum war sie nur so dumm gewesen, ohne Waffen in den Wald zu gehen? Warum war sie überhaupt hier, ohne Schuhe und nur mit einem hellblauen Nachthemd bekleidet? Gedanken, die aber in diesem Moment irrelevant waren, da hier nur das nackte Überleben zählte. Die Krallen pressten sich nun in Loelias Hals und sie hatte das Gefühl zu ersticken.
Als das Kratzen auf ihrem Hals immer heftiger würde, hörte sie auf einmal ein leises Fiepsen. War das das Monster? Sie hatte mit einem lauten Brüllen gerechnet, aber nicht mit einem Fiepsen. Ihre Augen starrten auf die langen Krallen des Monsters, die nun ihren Mund berührten und einen Geschmack von alter, trockener Erde auf ihrer Zunge hinterließen. Die Zeustochter versuchte wieder einen Schrei, der ihr sogar diesmal gelang.

Schweißgebadet fuhr sie in ihrem Bett hoch und sah, wie ihre kleine Ratte Juno fiepsend auf die Bettdecke fiel. Loelia spürte noch immer ihr Herz schlagen, als würde es gleich aus ihrem Körper springen. Es war nur ein Traum, da war sie erleichtert und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sanft streichelte sie Juno, der von ihrem Schrei vollkommen verängstigt wirkte. Scheinbar war er es, der ihr ins Gesicht gekrabbelt war, auf der Suche nach ihrer Nähe. Die Kürbislaternen warfen ein schwaches Licht durch das Fenster der Zeushütte. Heute war Halloween und Loelia verging aber die Freude an den gruseligen Kürbissen, denn sie hatte in ihrem Traum genug Ängste ausgestanden. Ob es die Monsterquests waren, die sie für das Festivitätsteam vorbereitete, die ihr diesen Albtraum bescherten? Es war jetzt nicht wichtig, denn es war zum Glück nur ein Traum. Hier im Camp war sie vor Monstern sicher.

Erschöpft ließ sie sich zurück aufs Bett fallen und knuddelte ihre kleine Ratte. Die Uhr zeigte Mitternacht, die Geisterstunde. Loelia musste schmunzeln. Ja, sie hatte gerade ihre eigene Geisterstunde. Sie war sich sicher, dass sie noch lange wach im Bett liegen würde, denn nach so einem Traum war ein Einschlafen fast unmöglich.

Auch wenn es hier eine Einsendung gab, hat sich die Person nicht für den Wettbewerb angemeldet und somit können wir hier leider keinen offiziellen Gewinner küren.

Schade! Hier hat leider niemand teilgenommen und somit können wir hier leider keinen offiziellen Gewinner küren.